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Die schwarze Fahne

"Menschen, Momente, und das Ende der Ära Schachenmayr"

Ausstellung mit historischen Fotografien von August Tham

Neben seiner Arbeit als Betriebshandwerker hielt August Tham den Alltag in der Salacher Firma Schachenmayr, Mann & Cie. mit der Kamera und in kurzen Texten fest. Seine Bilder geben einzigartige Einblicke hinter die Werksfassaden von 1952 bis zur Schließung der Produktion im Jahr 1988.

 

Vernissage am Samstag, 14. Juni 2025 um 18 Uhr, Jochen Tham im Gespräch

 

Finissage am Sonntag, 20. Juli 2025 um 18 Uhr mit einer Lesung aus den Texten von August Tham

 

Ausstellungsdauer: 14. Juni bis 20. Juli 2025 Öffnungszeiten: Mittwoch 16 bis 19 Uhr,
Sonntag 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter Tel. 0157 81902152 und grocznik@gmx.de 

Eine Auswahl der Bilder werden im Rahmen der Ausstellung im Kunsthaus Bild+Wort erstmals öffentlich gezeigt, mit Gespräch und einer Lesung aus den Texten ergänzt. 
 
»Ein Schauen durchs Objektiv, ein objektives Schauen, ein anderes Schauen – das ist August Thams Hauptleidenschaft. Das Schreiben kommt an zweiter Stelle, das Unterschreiben von Fotos und das Aufschreiben von Erinnerung. Beobachtung, so sagt er, verbinde beides.«
Martin Selge bei der Verleihung des Mühlbergerpreises an August Tham, 1997
1927 bei Jungbuch (heute Mlade Bucky) im Riesengebirge geboren, wurde August Tham nach dem Zweiten Weltkrieg in den Kreis Göppingen vertrieben. Er fand Beschäftigung beim Aufbau der Siedlungshäuser im Eislinger Vogelgarten und in Holzheim. Anschließend arbeitete er 35 Jahre als Maurer in der Elektroabteilung von Schachenmayr. Unendliche Kilometer Kabelpritschen mussten verlegt werden, Mauerdurchbrüche erstellt und wieder verschlossen werden. Bei dieser Arbeit hatte er Zugang zum gesamten Betrieb. 
Seine Eindrücke, Erlebnisse und Geschichten hielt er mit seiner Kamera fest, die er manchmal im Gipseimer versteckt dabeihatte. Zusätzlich wurde er gern angefragt, um Bilder von Arbeitsjubiläen und anderen besonderen Anlässen anzufertigen. Auf diese Weise sind einmalige Einblicke in das industrielle Arbeitsumfeld entstanden, aber auch persönliche Momente festgehalten worden. Als er 1988 im Zuge des Stellenabbaus die Kündigung erhielt, beschrieb August Tham dieses Ereignis und erweiterte seine Aufzeichnungen während der erzwungenen Arbeitslosigkeit zu einem längeren Manuskript unter dem Titel »Die Schwarze Fahne«. 
 
1955 gründeten engagierte Amateurfotografen den Fotoclub Eislingen e.V. – und August Tham war dabei. Schnell wurden seine Bilder bei Wettwerben erfolgreich und weltweit in Ausstellungen gezeigt. Fast alle seiner Aufnahmen entstanden in der Alltagsumgebung; der Blick für den entscheidenden Moment, das treffende Detail machen sie zu Zeitzeugnissen. Über 20 Jahre stand er dem Fotoclub Eislingen vor und konnte in dieser Zeit viele Menschen für die Fotografie begeistern.
Zu vielen der Bilder entstanden kleine Texte, die in verschiedenen Zeitungen publiziert wurden. Ganze Seiten der IWZ, der illustrierten Beilage der NWZ, trugen seine Handschrift. In längeren Texten setzte August Tham sich vor allem mit dem Krieg und der Vertreibung auseinander, allerdings nie aus einer revisionistischen Perspektive. Für seinen Beitrag »Mein Kapitel Mühlberger« wurde er 1997 mit dem Josef-Mühlberger-Preis des Vereins der Freunde Josef Mühlbergers ausgezeichnet. Darin beschreibt Tham, wie er in Eislingen über die Fotografie den Kontakt zu Mühlberger aufbauen konnte.
2019 starb August Tham im Pflegeheim in Salach – mit Blick auf die Gebäude der ehemaligen Kammgarnspinnerei Schachenmayr.
Die Firma Schachenmayr war der größte und älteste Industriebetrieb in Salach, dessen Wurzeln bis in die Epoche der Industrialisierung des Filstals zurückreichen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, den die Firma weitgehend unbeschadet überstand, bot die arbeits-intensive Produktion vielfältige Arbeitsplätze für die Heimatvertriebenen, die im Raum Göppingen einquartiert waren.
1984 wurde Schachenmayr von der britisch-schottischen Firma Coats übernommen, die versuchte, mit einem größeren Unternehmenszusammenschluss die zunehmend schlechteren wirtschaftlichen Bedingungen in der Textilbranche in Europa zu überstehen.
 
1988 baute Coats (jetzt Coats Viyella) ein hochmodernen Hochregallager als Logistikcenter in Salach. Trotz aller Innovationen konnte man dem Niedergang der deutschen Textilindustrie nicht trotzen. Bereits im September 1988 wurden der Abbau der Belegschaft und die Reduktion der Produktion am Standort Salach bekannt gegeben.
Die Belegschaft protestierte, Salach verlor über 700 Arbeitsplätze. Eine weithin sichtbare schwarze Fahne wehte am Kamin. Die Marke Schachenmayr-Wolle existiert zwar bis heute, doch die ausgedehnten Produkthallen stehen derzeit leer und warten auf eine neue Nutzung.

Ausstellungsort:

Kunsthaus Bild + Wort

Irene Ferchl und Günter Rocznik

Frühlingsstrasse 9

73084 Salach

www.kunsthausbildundwort.de

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© Jochen Tham